21.06.2016

Stimmungsvoll und erdverbunden: Ein Bauerngarten voller Rosen.

Alte Rosen, Gemüseanbau, Hügelbeete und nützlicher Kompost

Michael Breckwoldt

Der Garten von Heidi und Michael Chalupka ist nicht groß, doch er ist spektakulär – vor allem jetzt zur Rosenblüten. Windschiefe Häuschen aus Fachwerk und Lehm mit übergroßen Reetdächern, die wie zu tief ins Gesicht gezogene Fellmützen aussehen. Holprige Wege aus Feldsteinen, Staketenzäune aus gespaltenem Kastanienholz und eine überbordende Fülle alter Rosen und romantischer Stauden. Dazu gesellt sich ganz stilecht ein Reed gedecktes Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert. Hier fühlt man sich rasch in eine andere Zeit versetzt. Das gesamte Ensemble wäre ideal für eine Filmkulisse für Jane Austins Roman Sinn und Sinnlichkeit. Nur liegt dieses Cottage eben nicht im südenglischen Devon sondern im holsteinischen Hestoft an der Schlei.

„Woher kommt wohl die Redensart, „einen Zacken zulegen“, fragt Hausherr und Architekt Michael Chalupka. Seine Antwort: „Als noch über offenem Feuer gekocht wurde, hing der Kessel an einer gezackten Stange. Sollte das Essen schneller garen, legte man einen Zacken zu, hängte den Kessel also niedriger.“ Eine altertümliche Feuerstelle ist in der Tenne des renovierten Bauernhauses zu besichtigen. Auf dem Heuboden oberhalb der Feuerstelle wurde früher das Getreide getrocknet. Der Rauch beizte das Korn gegen Pilzbefall und vertrieb gleichzeitig die Mäuse. Im Dachgiebel befinden sich zwei Öffnungen, aus denen der Rauch entweichen konnte. Dort schlüpften dann Schleiereulen herein, um sich die Mäuse zu krallen.

Auf dieses Wissen um natürliche Zusammenhänge greift Heidi Chalupka bei der Gartenarbeit zurück. So päppelt sie Rosen, Blumen und Sträucher vorwiegend nach alten Rezepturen mit Mist, Kompost,  flanzenjauchen und Gesteinsmehlen. Für den Anbau von Gemüse dient ihr ein Hügelbeet, das Komposthaufen und Beet in einem ist. Das Prinzip ist simple: Im Kern des Hügels verrotten grobe Gartenabfälle. Dabei werden Wärme und Nährstoffe freigesetzt. Für ein Hügelbeet wird zunächst eine flache Mulde von etwa eineinhalb Meter Breite ausgehoben. In diese kommen zuunterst Zweige und Holzabfälle, darüber eine Schicht Laub vermischt mit Rasenschnitt und anderen Gartenabfällen. Nun wird das Ganze mit einer Lage grobem, noch nicht voll ausgereiftem Kompostes abgedeckt. Zum Schluss Mutterboden aus der Mulde mit reifem Kompost vermengen und etwa 20 Zentimeter dick aufgetragen. Anfangs ist das Hügelbeet ungefähr 60 Zentimeter hoch. Allmählich sackt es in sich zusammen, so dass im folgenden Frühjahr an anderer Stelle ein neues errichtet wird. So entsteht mit der Zeit immer mehr fruchtbarer Boden. 

Die Hügelform bietet viel Fläche. Heidi Chalupka baut dort in Mischkultur Kohlrabi, Sellerie, Rote Bete, Salat, Fenchel, Mangold, Gurken und Zucchini an. Auf Beeten daneben gedeihen noch Möhren, Rauke, Erbsen, Bohnen, Melde, Baumspinat und Kräuter. „Im Sommer leben wir fast ausschließlich aus dem Garten.“, sagt sie. Zur Krankheits- und Schädlingsabwehr setzt sie ganz auf natürliche Mittel wie Ackerschachtelhalm, Zwiebeln und Brennnesseln. Daraus bereitet sie Tees und sprüht diesen auf die Pflanzen. Ein selbst gebautes Mobile vertreibt die Vögel. An ihm drehen sich Kartoffelknollen, die mit Federn bestückt wurden, im Wind. Glasglocken über dem Salat halten die Schnecken fern. Sie führen den Pflanzen, wie ein kleines Gewächshaus, zudem Wärme zu. Ein separater Zaun schützt den Gemüsegarten gegen Kaninchen, Rehe und die hauseigenen Hühner. Tontöpfe stecken auf den angespitzten Zaunlatten und von Hand geflochtene Weidenringe hängen darüber. Dazwischen ranken Duftwicken in Pastellfarben. Im Garten findet sich eben beides: Nützlichkeit und Schönheit.

Beim Besuch eines benachbarten Gartens stieß das Ehepaar vor einigen Jahren auf eine außerordentliche Sammlung historischer Rosen. Von da an konnten auch sie die Finger nicht mehr von diesen erlesenen Oldies lassen. „Für mich ist der schönste Moment des Jahres, wenn diese ihre großen, duftenden Schalenblüten öffnen“, sagt Heidi Chalupka. Die Rosen haben einen Platz auf zwölf Schmuckbeeten an der Ostseite des Bauernhauses bekommen, die nach dem Muster eines formalen Bauerngartens angeordnet sind. Typisch ländliche Stauden wie Rittersporn, Lupinen, Schafgarbe und Glockenblumen begleiten die Rosenblüte. Später übernehmen Phlox, Malven und Margeriten die Regie.

Vor rund 20 Jahren kamen die Chalupkas aus dem Bergischen Land an die Schlei. Inzwischen teilen sie dort ihren Lebensabend mit drei Bienenstöcken, neun Legehennen und einer Miniherde Pommerscher Wollschafe, die auf der hauseigenen Wiese weidet. Im Frühjahr wird diese von Wiesenschaumkraut, Butterblumen, Margeriten und Mohn gesprenkelt. Damit sich die Blumen weiter ausbreiten, wird die Wiese nur einmal während des Sommers gemäht. Auf einem Rasenstück hinter dem Haus steht neben Obstbäumen mit so klangvollen Namen wie ´Angeler Rübeapfel`, ´Beretzkys Birnenquitte` und ´Altländer Pfannkuchapfel` auch eine Reihe von Kopfweiden. Auf der zwischen ihnen gespannten Leine bläht sich zuweilen Wäsche im Wind, während die Schafe im Hintergrund friedlich grasen – eben eine filmreife Kulisse.

Der Garten kann nach telefonischer Voranmeldung besucht werden. Mehr unter:
www.gartenrouten-sh.de