08.07.2014

Ein Stück britische Gartenkultur in Berlin

Über die Königliche Gartenakademie und ihre Gründerin Gabriella Pape

Michael Breckwoldt

Mitten in Berlin liegt die Königliche Gartenakademie - ein Eldorado für Grünfinger, von dem sich vor allem qualitätsbewusste Großstädter angezogen fühlen.  Sie lassen sich von der riesen Auswahl an Stauden, Sommerblumen und Rosen, die reizsvoll nach Farben dekoriert sind,  inspirieren. Bepackt ziehen sie wieder von dannen. Reicht der Laderaum des eigenen PKW nicht aus, wird schon mal das Cabrio aufgeklappt, um das Rosenstämmchen aufrecht nach Hause zu kutschieren. Andere Besucher nutzen die schöne Anlage zu einem Ausflug, entspannen im Gartencafe und kehren schließlich blumig beschwingt in den Trubel der Großstadt zurück.

Gründerin der außergewöhnlichen Anlage in Dahlem,  die vor sechs Jahren in unmittelbarer Nachbarschaft des Botanischen Gartens entstand, ist Gabriella Pape. Die in Hamburg geborene absolvierte zunächst in der renommierten Baumschule Lorenz von Ehren eine Lehre und ging dann für 25 Jahre nach England. Dort studierte sie Gartenbau am Botanischen Garten Kew Gardens in London und anschließend Landschaftsarchitektur in Greenwich.  Schließlich gründete sie mit der belgischen Gartenhistorikerin Dr. Isabelle van Groeningen das Büro „Land Art“. Vor einigen Jahren begeisterten die beiden Designerinnen mit ihrem Wettbewerbsbeitrag auf der berühmten Chelsea Flower Show in London sogar die Queen und Prinz Charles. 

Schon als Kind entdeckte die heute 50-jährige Pape ihr Faible fürs Gärtnern: „Ich konnte kaum laufen, da habe ich schon Gießkannen hinter mir hergeschleppt“, erinnert sie sich. „Die schönste Strafe war für mich, wenn meine Mutter mich dazu verdonnerte, Unkraut zu jäten“. Ihre Eltern, Mutter Galeristin, Vater Architekt, waren trotzdem nicht davon begeistert, dass sie schon mit 15 die Schule schmiss, um eine Baumschullehre zu machen.  Sie holte jedoch nicht nur das Abitur nach, sondern machte im gartenbegeisterten England als Ausländerin Karriere – ein seltener Glücksfall. Zugleich lernte sie die tiefgreifenden Unterschiede zwischen beiden Kulturen kennen. „Die Engländer gärtnern vom Herzen her. Die kaufen einfach, was ihnen gefällt. Die Deutschen sind mehr kopfgesteuert. Die betrachten Pflanzen als Investition und jammern, wenn etwas eingeht“, sagt sie. Das hat viel mit Mut zu tun und mit einem anderen Selbstverständnis, das die Briten dem Garten entgegenbringen. Es gehört zum guten Ton, wenn ein Londoner Banker über die neueste Rosensorte fachsimpelt. Das ist Teil des gesellschaftlichen Smalltalks. „Mir als Gartenarchitektin macht es die Sache leichter. Ich habe es mit informierten Kunden zu tun“, so Gabriella Pape.

Vor einigen Jahren hatte sie eine Vision: Sie stellte sich vor, nach Deutschland zurückzukehren, um dort ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Begeisterung in die Gartenkultur ihres Heimatlandes einzubringen. Sie malte sich einen Ort aus, der Schulungszentrum, Schaugarten und Designschmiede zugleich werden könnte. Dafür war sie bereit, all das zurückzulassen, was sie in England aufgebaut hatte. Schließlich wurde die Vision zu einem konkreten Plan.

Das Schicksal war ihr wohl gesonnen. Bei ihren Erkundungen stieß sie in Berlin auf Teile der ehemaligen Königlichen Lehranstalt, die der berühmte Landschaftsgestalter Peter Joseph Lenné vor mehr als 100 Jahren begründet hatte. Die Einrichtung setzte damals Maßstäbe für die Gartenkultur in Deutschland und bildete berühmte Gärtner und Gestalter aus, so zum Beispiel Karl Foerster. Eben daran wollte Gabriella Pape anknüpfen. Das historische Gelände, das sie vorfand, bot dafür mit einer zauberhaften alten Anlage von 1907, bestehend aus zehn zusammenhängenden Gewächshäusern, beste Voraussetzungen. Die Glashäuser waren allerdings in einem erbärmlichen Zustand. Sponsoren halfen, das alte Juwel alsbald wieder originalgetreu instand zu setzen. 

Heute beherbergen einige der Gewächshäuser Tische, auf denen Pflanzen herangezogen werden, in anderen sind ein Cafe, ein Designbüro, eine edle Gartenboutique sowie die Unterrichtsräume der Akademie eingezogen. „In unseren Kursen wecken wir die Leidenschaft und Lust an schönem Gartendesign“, erläutert Pape das Konzept. Die Teilnehmer lernen dort, Gärten so zu gestalten, dass alle Sinne angesprochen werden. Sie lernen die Pflege von Pflanzen und die Bearbeitung des Bodens auf einem Niveau kennen, wie es in England üblich ist. Dazu geben Fachleute aus dem In- und Ausland regelmäßig Workshops.

Anschauung und Inspiration bieten die exquisit gestalteten Außenanlagen der Akademie. Dort präsentieren sich wunderschön gepflasterte Wege und eine ungewohnte Pflanzenvielfalt in bester Qualität. „Wir haben den Wunsch, unsere Kunden und Kursteilnehmer auch mit neuen und wenig bekannten Gewächsen zu überraschen. Dabei steht deren Gartentauglichkeit im Vordergrund“, so Pape. Dafür wurden Schaubeete mit eindrucksvollen Beispielpflanzungen angelegt. Keine Frage also, die Idee, ein Stück britische Gartenkultur nach Deutschland zu verpflanzen, ist voll aufgegangen.