05.08.2015

Hortensienpracht: Eine Frage von richtiger Wahl und passendem Boden

Hortensien lieben sauren Boden – Kalialaun hilft

Michael Breckwoldt

Blitzblanke Wasserstraßen durchziehen das Städtchen Boskoop. Hübsche Vorgärten zeigen den Wohlstand dieser südholländischen Gemeinde, 30 Kilometer nördlich von Rotterdam. Hinter den Wohnhäusern jedoch ändert sich das Bild. Dort findet man schmale Landstücke mit in Reih und Glied geordneten Bäumen und Sträuchern und sich in der Sonne spiegelnde Gewächshäusern, die seit Jahrhunderten das Zentrum des niederländischen Gartenbaus bilden. Heutzutage ist jede Hofzufahrt für den Lieferverkehr mit großen Sattelschleppern ausgelegt. Auf den Kanälen allerdings dümpeln noch die Holzkähne, mit denen früher die Waren transportiert wurden. Alex Schoemaker betreibt dort seine Baumschule in vierter Generation. Der Mittdreißiger hat sie wieder zu einem prosperierenden Betrieb gemacht. Rechtzeitig hatte er auf die sich verändernde Zeit reagiert. Anstatt viele verschiedene Pflanzen zu kultivieren, setzte er alles auf eine Karte. Nun vertreibt er eine einzige Hortensienart, deren Formenvielfalt bislang unbekannt war, nämlich die Rispen-Hortensie (Hydrangea paniculata) mit Sorten wie ´Limelight`, ´Angel’s Blush‘ und ´Pinky Winky`.

Warum suchte er sich gerade sie aus? „Ich war begeistert von ihrem natürlichen Charme und ihrer robusten Gesundheit“, sagt Schoemaker. Im Unterschied zu den allseits bekannten Bauern-Hortensien mit ihren blauen und rosafarbenen Blütenbällen bildet sie feine, leicht spitz zulaufende Rispen in Weiß und Rosé, die von Mitte Juli an bis weit in den Herbst hinein blühen. Während die etwas plumpen Schwestern empfindlich auf Trockenheit und Sonne reagieren und nicht zuverlässig winterhart sind, kann die Rispen-Hortensie kaum etwas erschüttern. Sie verträgt Frost, gibt sich mit mäßigen Bodenverhältnissen zufrieden und vor allem verblassen ihre Blüten nicht unter starker Lichteinstrahlung. Vielmehr fördert das Sonnenlicht eine besonders reizvolle, langsam fortschreitende Rotfärbung. 

Anders verhält es sich mit den Bauern-Hortensien (Hydrangea macrophylla), die vor allem durch ihre blauen und violetten Blüten begeistern. Mit ungläubigem Staunen muss man oft jedoch feststellen, dass die gleichen Exemplare im nächsten Jahr nur noch blassrosa blühen. Verbirgt sich dahinter eine chemische Panscherei, die die Pflanzen nur einmalig blau färbt? Fachverkäufer legen bei solcherlei Nachfragen die Stirn in Falten und murmeln etwas von Spezialdüngern. In Pareys Gartenbaulexikon heißt es: „Die Blaufärbung beruht auf einem Farbumschlag durch Einwirken von Aluminium und Eisen auf die Farbstoffe in der Blüte.“. Findige Gärtner sind daher auf die Idee mit den rostigen Nägeln gekommen. „Stimmt es, dass man unter die Erde rostige Nägel mischen soll, damit die Pflanze im nächsten Jahr wieder blau blüht?“, lautet eine immer wiederkehrende Frage. Die Idee ist nicht ganz falsch. Von den Nägeln löst sich allmählich Eisen und Eisen hat offensichtlich Einfluss auf die Blaufärbung. Warum sollte das nicht funktionieren?

Funktioniert aber nicht. Zunächst muss man wissen, dass für die Blütenfarbe der Pflanzen in erster Linie der pH-Wert, also der Säuregrad, des Bodens entscheidend ist. Nur in einem sauren Milieu können die Blüten überhaupt blau blühen. Dann nämlich nehmen Pflanzen im Boden gelöste Eisen- oder Aluminium-Ionen auf. Bei einem pH-Wert über 6 werden diese Metalle in chemischen Bindungen festgehalten und haben gar keinen Einfluss auf die Farbgebung. Ein saurer Boden ist also Voraussetzung. Mittlerweile weiß man: Aluminium färbt die Blüten wirkungsvoller blau als Eisen. Gärtner nutzen dazu Kalialaun. Sie mischen davon vier Gramm auf einen Liter Erde. Später verabreichen sie noch zweimal zwei bis drei Gramm Alaun pro Topf. Spezielle Dünger für Hortensien aus dem Gartenfachhandel enthalten auch Alaun. Sie sind für Pflanzen im Topf und in den Beeten geeignet.

Werden diese Vorkehrungen auch alle akribisch eingehalten, so färbt sich noch immer nicht jede Bauernhortensienblüte blau. Dazu müssen erst die genetischen Voraussetzungen gegeben sein. Rosa Züchtungen bleiben also immer rosa. Die sicherste Vorgehensweise ist folgende: Man kaufe eine blaue Hortensie, sorge im nächsten Frühling durch die richtige Düngung dafür, dass der Boden sauer bleibt, und verabreiche Kalialaun, statt rostiger Nägel.

Außer den zwei hier beschriebenen Arten gib es noch andere fantastische Hortensien, wie die Hydrangea arborescens ´Annabelle` mit großen weißen Blütenbällen (Ansprüche ähnlich Hydrangea paniculata) und die Hydrangea serrata ´Preziosa` mit zierlichen intensiv rosa changierenden Blüten (Ansprüche ähnlich Hydrangea macrophylla).