10.04.2013

Was wir vom Moos lernen können

Moos im Garten - ein paar Tipps

Michael Breckwoldt

Moose gehören zu den Winzlingen unter den Pflanzen. Viele von ihnen sind weniger als zwei Zentimeter lang. Die meisten besitzen auch keine Leitungsbahnen, in denen das Wasser von den Wurzeln über die Stängel zu den Blättern transportiert wird. Das grüne, chlorophyllhaltige Gewebe saugt die Feuchtigkeit direkt auf - wie ein Schwamm. Die meisten Moose kommen in Wäldern vor. Schattige, feuchte Orte sind für sie ideal. Dort machen sie sich breit und bilden zuweilen rasenartige Polster.

Doch Moose und Rasenflächen passen nicht zusammen. Warum das so ist? Vereinfacht könnte man sagen, es ist eine Frage der Macht. Da wo Gras wachsen soll, hat Moos nichts zu suchen. Dass Moos sich allmählich Terrain vom Rasen abzweigt, weil etwa Baumkronen größer und die Bereiche darunter schattiger werden - undenkbar. Diese samtig weichen, sanft gewölbten Kissen sind ein Ärgernis, wenn sie auftauchen, wo sie nicht hingehören, und sie gehören ein für alle mal nicht in den Rasen.

Es gibt durchaus auch objektive Gründe dafür. Moose schränken den Nutzen auf Rasenflächen ein. Sie können rutschig sein. Die lockeren Polster bieten keinen Halt. Bei stärkerer Beanspruchung lösen sie sich leicht aus dem Boden und hinterlassen Kahlstellen. Die entstehen auch, wenn Moose während anhaltender Trockenheit absterben.

Noch immer ist die Vorstellung verbreitet, es müsse bloß Kalk über den Rasen gestäubt werden und schon würde das Moos verschwinden. So einfach ist das jedoch nicht. Kalk bewirkt einen Anstieg des pH-Wertes. Der Boden wird also weniger sauer. Viele Moose lieben tatsächlich niedrige pH-Werte, die Torfmoose etwa, die bei pH-Werten um 3 prächtig gedeihen. Doch diese Arten kommen in Rasenflächen rein gar nicht vor. Moose, die den Gräsern unbequem werden können - und davon gibt es viele - haben ganz unterschiedliche Vorlieben. Eine verbreitete Moosart in schattigen Rasenpartien ist der der Sparrige Runzelpeter (Rhytidiadelphus squarrosus). Er bevorzugt ein leicht saures Bodenmilieu, genau wie die meisten Rasengräser auch. Für sie sind nährstoffreiche Böden, mit pH-Werten zwischen 6 und 7 optimal. Ist es da noch Zufall, dass der Sparrige Runzelpeter ihnen gerne zur Seite steht?

Andere Moosarten indes meiden saure Böden und haben, im Gegenteil, ein Faible für hohe pH-Werte sowie für Sonne und Trockenheit. Völlig absurd wird vor diesem Hintergrund die These, Kalk könne gegen Moose im Rasen helfen. Eine Strategie gegen Moos besteht daher immer in einer Bündelung von Maßnahmen, die alle das eine Ziel haben: Sie sollen die Wachstumsbedingungen für die Gräser optimieren.

So müssen Bodenverdichtungen, Staunässe und große Schattenbereiche vermieden bzw. beseitigt werden. Hilfreich ist das Aussäen von Lupinen, deren Wurzeln den Boden auch in der Tiefe lockern, bevor man mit der Neuansaat des Rasens beginnt. Wo die Erde dann immer noch häufig feucht ist, kann eine dünne Schicht Sand aufgetragen oder eine Drainage verlegt werden. Darüber hinaus sind eine ausgewogenen Ernährung der Gräser und ein regelmäßiger Schnitt extrem wichtig. Empfehlenswert ist eine Schnitthöhe von dreieinhalb bis fünf Zentimetern. Ist der Boden extrem sauer, liegen die pH-Werte also deutlich unter 5,5, dann ist das Kalken einer Rasenfläche unerlässlicht. Anderenfalls sind bestimmte Nährstoffe für die Gräser nicht verfügbar.

Möchte man vorhandene Moose loswerden, so hilft vor allem das Vertikutieren, also das Bearbeiten der Fläche mit rotierenden Messerwalzen. Es fegt den Filz, somit auch das Moos, aus der Grasnarbe. Entstehende Lücken im Rasen müssen umgehend mit frischer Saat geschlossen werden. Sie nutzen Moossporen und Unkrautsamen diese zu ihrem Vorteil. Mehr zur Rasenpflege im Frühjahr und Tipps zum richtigen Düngen finden Sie unter www.gartenundgabel.de.

Selbst chemische Präparate sind wenig nachhaltig. Das enthaltene Eisensulfat verätzt zwar das Moos, so dass es sich schwarz färbt und abstirbt. Die Wirkung hält allerdings nur einige Wochen an. Denn die im Boden schlummernden Sporen werden nicht getroffen. Haben sich die Rahmenbedingungen nicht ebenfalls geändert, werden bald wieder filigrane Mooskeimlinge zu sehen sein.

In japanischen Gärten hingegen werden Moose mehr als nur geduldet: Rund hundert verschiedene Arten siedeln Gärtner dort bewusst an und setzen sie kunstvoll in Szene. Die samtig-pelzigen geheimnisvoll dunklen Polster strahlen Ruhe und Eleganz aus. Von Moosen überzogene Hügel können wie bewaldete Bergketten erscheinen. Unverzichtbar in diesen Gärten sind Teehäuser, von denen aus man diese gestalteten Naturbilder genießt. Sollten wir nicht von dieser ostasiatischen Gelassenheit lernen? Gönnen Sie sich ein pavillonähnliches Gewächshaus und erfreuen Sie sich dann ganz entspannt an den vielfältigen Ansichten Ihres Gartens. Vielleicht lernen wir so akzeptieren, dass Moose und Rasengräser jeweils an ihnen gemäßen Plätzen ihre Daseinberechtigung haben.