17.12.2015

Dagegen ist ein Kraut gewachsen

Von Heilkräutern wie Kamille, Thymian, Salbei, Pfefferminze, Rosmarin

Michael Breckwoldt

Als die Hamburger Heilpraktikerin Daniela Wolff vor einigen Tagen von Wind und Wetter geschüttelt nach Hause kam, machte sie sich sogleich einen Kamillentee. „Er duftete fruchtig, apfelähnlich. Die Wirkung war wunderbar: tiefe Entspannung, Geborgenheitsgefühle bis tief in die Seele hinein“, erzählt sie. „Kamillentee kennt man doch“. Diesen Satz hört die auf Kräuterheilkunde spezialisierte Frau immer wieder. Er klingt etwas geringschätzig. „Doch es lohnt, Pflanzen immer wieder zu probieren. Frisch gebrüht schmecken sie anders als getrocknet, und ein Teebeutel ist nicht mit ganzen Blüten zu vergleichen, die von Kräuterläden angeboten werden“, sagt Wolff. Recht hat sie! Kräuter wirken zuweilen Wunder, wenn man sie richtig anzuwenden weiß. Gerade zu einer Jahreszeit, in der uns vielfach Erkältungen plagen, können Kräutertees Abhilfe schaffen. Wichtig ist allerdings, dass sie schnell zum Einsatz kommen. So lässt sich verhindern, dass ein Husten sich festgesetzt und zu einer langwierigen Belastung wird. Viele Kräuter werden als Gewürz geschätzt. Darüber hinaus besitzen sie erstaunliche Heilkräfte. Im Folgenden finden Sie wichtige Arten, mit zum Teil überraschenden Wirkungen.

Die keimtötenden und krampflösenden ätherischen Öle des Thymians (Thymus vulgaris) sind das beste Mittel gegen Husten. Sie beruhigen die Bronchen und lösen den Schleim, so dass dieser leicht abgehustet werden kann. Zugleich werden Bakterien, Viren und Pilze beseitigt. Für den Tee dosiert man 1 TL Kraut pro Tasse und lässt diesen fünf Minuten ziehen. Gegen trockenen Reizhusten entfalten dagegen die  chleimstoffe des Spitz-Wegerichs (Plantago lanceolata) ihre wohltuende Wirkung. Für einen Tee lässt man 2 EL frisches Kraut pro Tasse fünf Minuten lang ziehen. Werden frische Blätter leicht zwischen den Fingern zerrieben und auf eine Schürfwunde gelegt, wirken diese Wunder. Schleimstoffe mildern den Schmerz, Gerbstoffe stillen die Blutung und sogenannte Iridoide desinfizieren. Linderung erfährt man so auch bei Insektenstichen.

In der Antike glaubte man Salbei (Salvia officinalis) erfrische den Geist und verhelfe zu Weisheit. Deshalb kauten viele Studenten in den Philosophieschulen Salbeiblätter. Jüngste Studien scheinen tatsächlich zu bestätigen, dass Salbeiöl die Gedächtnisleistung verbessern kann. Unzweifelhaft ist jedoch seine Wirkung gegen Halsschmerzen. Dazu wird mit kaltem Salbeitee gegurgelt (1 EL Kraut pro Tasse, 10 Minuten ziehen lassen). Selbst eine eitrige Angina kann man damit in den Griff bekommen. Wird der Tee getrunken, sollte das Kraut nur drei Minuten ziehen. Salbei wirkt zudem schweißhemmend. Schwangere und junge Mütter sollten ihn allerdings meiden, da der Milchfluss durch Salbei vermindert wird.

Kein Kraut gilt so sehr als universelles Heilmittel wie die Echte Kamille (Matricaria recutita). Ihre ätherischen Öle desinfizieren und stoppen Entzündungen – innerlich und äußerlich. Zugleich lindern Kamillenblüten Magenkrämpfe und wirken beruhigend. Dazu bereitet man einen Tee aus 1 EL Blüten pro Tasse, das man sieben Minuten ziehen lässt. Abgekühlt dient der Tee zur Behandlung von Wunden. Wer jetzt in der Weihnachtszeit zu viel gegessen hat, sollte einen Tee aus Pfefferminze (Mentha x piperita) brühen. Gegen unangenehme Völlegefühle nach üppiger Mahlzeit hilft dieser am besten ein. Dazu lässt man 2 TL frisches bzw. 1 TL getrocknetes Kraut pro Tasse 10 Minuten lang ziehen. Die Inhaltsstoffe der Minze regen die Verdauung an, lösen Krämpfe und stoppen sogar Blähungen. Blätter, die auf Stirn und Schläfen zerrieben werden, lindern Kopfschmerzen. Auch Rosmarintee (Rosmarin officinalis) hilft gegen leichten Kopfschmerz. Denn ähnlich wie Kaffee wirkt er stimulierend. Die ätherischen Öle samt Kampfer regen den Blutkreislauf an, stärken das Nervensystem und fördern die Konzentration. Nach einer Tasse Rosmarintee (2 TL Kraut pro Tasse, 7 Minuten ziehen lassen) breitet sich im ganzen Körper wohlige Wärme aus – also genau das Richtige, wenn man nach einem längeren Winterspaziergang fröstelnd nach Hause kommt.

Ganz ohne Gewächshaus findet man viele der hier beschriebenen Kräuter den ganzen Winter über im Garten. Der etwas frostempfindliche Rosmarin sollte bei starken Frösten mit Vlies abgedeckt werden. Robuste Sorten wie ´Rex` und `Weihenstephan` und ´Arp` kommen so gut über den Winter. Blüten und Blätter, die ätherische Öle enthalten, pflückt man am besten spät vormittags. Sollen Kräuter getrocknet werden, sammelt man sie besser nicht taunass. Haben Sie jedoch die Wahl zwischen frischen und  etrockneten Kräutern, greifen Sie zu den frischen Exemplaren. Sie sind meist aromatischer und haben eine intensivere Wirkung.

Hier noch ein Tipp der Kräuterexpertin Daniela Wolff: „Bis in den milden Winter hinein freue ich mich, dass Spitzwegerich, Löwenzahn und Brennnesseln immer wieder nachwachsen. Mischen Sie diese zu gleichen Teilen und fügen noch etwas Minze hinzu. Dieser Wald- und Wiesentee entgiftet und stärkt die Abwehrkräfte, was jetzt in der kalten Jahreszeit besonders wichtig ist“.