22.07.2016
Privates Badevergnügen im Heckengarten
Gliedernde Hecken, Rabatten und ein Schwimmteich
Vorgarten reiht sich an Vorgarten im kleinen belgischen Ort Odelem unweit von Brügge. Doch plötzlich versperrt eine mehrere Meter hohe Hecke den Blick auf das Dahinterliegende. Der akribische Schnitt und der kunstvolle zweistufige Aufbau lassen vermuten, dass sie ein herrschaftliches Gut verbirgt, doch es ist nur ein Häuschen. Der dazu gehörende Garten hingegen entpuppt sich als durchaus majestätisch und sein Schöpfer, der Gartenarchitekt Chris Ghyselen, als ein König der Heckengestaltung. Man betritt sein grünes Reich durch einen Buchenbogen und wird dann über kleine Umwege wie durch ein Labyrinth zur Haustür geführt.
Chris Ghyselen steht in der Tradition belgischer Gartenarchitektur, die ihre Wurzeln in den französischen Barockanlagen hat. „Hecken sind wichtig als ordnendes Element und für die Intimität eines Gartens“, sagt er. Doch das allein reicht ihm noch nicht. Ghyselen möchte immer auch Atmosphäre und Bewegung erzeugen. Dazu fügt er Höhenunterschiede in das Bodenniveau, sodass Stufen den Übertritt von einem in den nächsten Raum spürbar machen. Seinen ureigenen Stil prägen jedoch üppige, wildnishafte Rabatten, die in ihrer überbordenden Vitalität einen spannungsreichen Kontrast zum Korsett der Hecken bildet. In den Beeten nahe am Haus dominieren starke Staudenpersönlichkeiten wie Phlox, Kerzen-Knöterich (Polygonum), Wiesenraute (Thalictrum) und Gräser.
Neben Bereichen mit klaren Konturen, an die der Hausherr selbst die Schere anlegt, dürfen sich anderenorts Pflanzen relativ ungezügelt ausbreiten, z.B. die Waldrebe Clematis mandshurica und das Mutterkraut neben den Wegen. Allmählich geht der Garten in die Landschaft über. Kunstvoll sind Inseln mit Gräsern und Blumen in die große Rasenfläche eingefügt, so dass sie sanft wogend aus dem akkurat gemähten Grün hervorstechen.
Kontrapunkt zu Ghyselens großartigem Heckentheater sind zwei Teiche, die unterschiedlicher nicht sein können. Sie verbinden die Gartenteile und korrespondieren zugleich mit ihnen. Der eine, formal gestaltete, wird von Holzstegen gerahmt. Auf seinem Wasserspiegel erscheint die Umgebung als Abbild wie auf einer Leinwand. In die wieseartige Rasenfläche einige Meter weiter ist ein großer Naturpool eingelassen. Seine Ufer sind unter anderem mit Blutweiderich, Blumenbinsen, Zyperngras, Sumpfdotterblumen und Fiberklee bewachsene, mit Pflanzenarten also, die das Wasser filtern. An einer Seite schwappt ein Bach über den Teichrand. Er nutzt das natürliche Gefälle des Grundstücks, schlängelt sich durch die Rabatten, plätschert zwei Höhenstufen hinab an einem selbst errichteten, viktorianisch anmutenden Gewächshaus sowie einigen Gemüsebeeten vorbei und mündet schließlich im hausnahen Teich, den wieder geschnittene Hecken umgeben.
Die Mulde des Schwimmteiches wurde mit Glasfasermatten und Kunstharzen abgedichtet. So ist der Grund glatt und fest und das Wasser relativ klar. Die gerade Uferkante verschwindet zu großen Teilen unter einem Bewuchs aus Sumpfpflanzen. Der Bewuchs dient der biologischen Wasserklärung, während der Rest des Teiches dem Schwimmen vorbehalten ist. An warmen Tagen nimmt der Hausherr fast täglich ein Bad im hauseigenen Pool. Mit Anlauf sprintet er über den Rasen, fliegt über die flache Randzone hinweg und landet mit einem Kopfsprung in ausreichender Wassertiefe. Dann zieht er gemächlich seine Bahnen in dem mehr als 20 Meter langen Naturpool. Diese frühen Sommerstunden sind für ihn Momente des Glücks.
Schon als 7-jähriger fühlte sich Chris Ghyselen zur Natur hingezogen. Er staute Bachläufe auf und sammelte auf umliegenden Wiesen Wildblumen, um Sträuße daraus zu binden. Angespornt hatten ihn seine Mutter und ihr großer Bauerngarten, in dem Margeriten, Phlox, Goldruten und andere farbenfrohen Blumen sprossen. „Heute liebe ich es, die Natur zu imitieren“, sagt der 53-jährige. Dafür wählt er prachtvolle Gewächse, die von den Züchtern noch nicht so stark verändert wurden – ein Konzept, das auch viele seiner Kunden schätzen.
Mehr Infos zu Christ Ghyselen, der übrigens sehr gut Deutsch spricht und die Zeiten, in denen sein Garten besucht werden kann, finden Sie unter: www.chrisghyselen.be