14.03.2017

Für den perfekten Rasen ist die Qualität des Saatguts entscheidend

Über die richtigen Rasenmischungen und die erforderliche Pflege

Michael Breckwoldt

Sattgrün, mit dichter Grasnarbe, frei von Moos, Klee und Löwenzahn – so erträumen sich die Deutschen ihren perfekten Rasen. Und es wurmt sie außerordentlich, dass Engländer das offensichtlich viel besser hinkriegen. Scheint es ihnen im Blut zu liegen wie das Kricket? Von wegen! Rasenexperten wissen um die wahren Zusammenhänge: Rund 80 Prozent des bei uns gehandelten Saatguts haben schlechte oder gar keine Rasenqualität. Daraus wird nie eine lupenreine Grünfläche sprießen, und schon gar nichts, was einem „englischen Rasen“ annähernd ähnlich sieht. Vielmehr braucht es qualifiziertes Saatgut von speziellen Zuchtsorten. Rund zwölf Jahre muss man warten, bis aus rund 10.000 einzelnen Gräsern eine neue Züchtung ausgelesen und marktreif ist. Dieser Aufwand schlägt sich im Preis für das Qualitätssaatgut nieder. Doch eben daran wird meist gespart.

Eine kleine Gewissensfrage: Welche Rasenmischung kennen Sie? „Berliner Tiergarten“ wahrscheinlich. Damit haben wir ein zentrales Rasenproblem schon an der Wurzel gepackt. Als Peter Joseph Lenné um 1840 das königliche Jagdrevier in Berlin, den sogenannten Tiergarten, zu einem Landschaftspark umgestaltete, ließ er zur Ansaat der Wiesen großflächig Heubodenspreu ausbringen. Der Erfolg war für damalige Verhältnisse so passabel, dass der „Berliner Tiergarten“ noch immer für eine anspruchsvolle Rasenmischung gehalten wird. Fälschlicherweise. Denn es wurde nie klar definiert, woraus diese Mischung überhaupt zu bestehen hat.

Noch heute strecken daher viele Händler unter der Bezeichnung „Berliner Tiergarten“ viel drittklassige Rasensaat mit billigen Futtergräsern. Denn was kaum ein Laie weiß: Hinter Begriffen wie „Einjähriges Weidelgras“, „Wiesenschwingel“ und „Welsches Weidelgras“ verbirgt sich schnellwüchsiges Grünzeug für die Landwirtschaft. Die Folge: Der Rasen bleibt lückenhaft, weil Futtergräser nur dazu sind, schnell Masse zu machen, aber keine Polster bilden, die sich zu einem festen grünen Teppich verbinden. Hinzu kommt, dass diese Gräser trittempfindlich sind und kein häufiges Mähen vertragen – im Gegensatz zu Markenrasen mit erstklassigen Gräser-Sorten. Ein weiterer Unterschied: Der Qualitätsrasen ist, na klar, etwas teurer als die üblichen Billigprodukte. Das macht etwa 20 Cent pro Quadratmeter aus, erspart Ihnen in der Folge aber viel Arbeit und zusätzliche Kosten.

Bleibt jetzt noch die Frage nach der richtigen Mischung. Sehr strapazierfähige Rasenarten enthalten große Mengen an wüchsigem „Deutschen Weidelgras“, ein Gras, dass relativ häufig geschnitten werden muss. Befinden sich in Ihrem Haushalt keine kleinen Ronaldos, die nichts anderes als Fußballspielen im Sinn haben, sollten Sie sich für einen Allround-Rasen entscheiden, der weniger Arbeit macht als ein Sport- und Spielrasen. Berücksichtigt werden sollte auch, dass spezielle Rasen-Sorten sogar leichten Schatten vertragen. Diese sollten Sie an den entsprechenden Stellen im Garten auch verwenden.

Allerdings garantiert nicht allein das gute Saatgut einen englisch anmutenden Rasen. Vorausgesetzt bei der Aussaat wurde alles richtig gemacht, damit tatsächlich eine dichte Grasnarbe heranwächst, braucht das heiß ersehnte Grün schlussendlich eine intensive Pflege. Die schlanken Halme sind der Konkurrenz aus Unkräutern und Moosen nur überlegen, wenn sie regelmäßig gedüngt und gemäht werden. Dreimal jährlich (April, Juni, September) sollte der Rasenfläche ein Dünger und in der Hauptwachstumszeit mindestens wöchentlich eine Rasur verabreicht werden.

Sich mit den Briten messen zu wollen, heißt, das Mähen lieben lernen. Denn das macht den grünen Teppich erst so richtig kräftig. An heißen Tagen wird gewässert und alle ein bis zwei Jahre einmal vertikutiert – am besten ab Mitte April, wenn der Boden sich wieder erwärmt hat. Die feinen, vertikal rotierenden Messer eines Vertikutierers fegen abgestorbene Gräser und Moose aus der Narbe. Das bringt Luft an die Wurzeln der Gräser und stimuliert deren Wachstum. Entstandene Lücken werden mit frischer, guter Saat gefüllt und direkt im Anschluss wird gedüngt. Schließlich dürfen Sie dann ruhig einmal nach England schielen und vergleichen. Alles ist aber nur von Erfolg gekrönt, wenn man bei der Anlage des Rasens nicht auf die Saatmischung „Berliner Tiergarten“ gesetzt hat.